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Leseprobe 2 DOI: 10.14623/thq.2015.2.135-150
Martin Kirschner
Die Barmherzigkeit Gottes als größere Gerechtigkeit
Die Aporien ausgleichender Gerechtigkeit und ihre christologische Überwindung bei Anselm von Canterbury
Zusammenfassung
Das Verhältnis von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit ist fundamental für das Verständnis Gottes wie für das Zusammenleben der Menschen. Der Beitrag erörtert die Spannung von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes bei Anselm von Canterbury: Beide müssen in höchster Weise von Gott ausgesagt werden, scheinen aber in einen Widerspruch zu treten, der mit dem Gottesverständnis zugleich die Heilsmöglichkeit des Menschen infrage stellt. Anselm zeigt, wie die Erfordernisse der Gerechtigkeit angesichts des faktischen Unrechts und der Schuldverstrickung des Menschen in Aporien führen, die durch den Verweis auf Gottes Barmherzigkeit allein nicht aufgelöst werden können. Im Ereignis des „Gott-Menschen“ Jesus Christus und seiner Hingabe am Kreuz zeigt sich eine „Logik der Liebe“, die über das Geschuldete hinausgeht und in ihrer Barmherzigkeit zugleich einer „größeren“ Gerechtigkeit entspricht. Die Spannung von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit ist damit nicht einfach aufgelöst, sondern wird in eine neue Dynamik und Handlungslogik hineingestellt, die in Christus begründet ist, die sich aber nur im Mit- und Nachvollzug realisieren lässt.

Abstract
The relationship between justice and mercy is fundamental for the understanding of God as well as for human coexistence. The article discusses the tension between God’s justice and God’s mercy in the work of Anselm of Canterbury. Both must be asserted of God in the most supreme way, but they seem to contradict each other, and, with the understanding of God, this contradiction simultaneously calls into question the possibility of human salvation. Anselm shows how the demands of justice in the face of actual injustice and the entanglement of humans in guilt result in aporiae which cannot be resolved by simply referring to God’s mercy. A „logic of love,” which goes beyond what is owed and, at the same time, corresponds to a „greater” justice in its mercy, appears in the event of the „God-human” Jesus Christ and his surrender on the cross. The tension between justice and mercy is not simply resolved by this, but placed instead in a new dynamic and a logic of action which are grounded in Christ, but can only be realized in participation and reenactment.

Schlüsselwörter – Keywords
Eigenschaften Gottes, Soteriologie, Satisfaktionslehre, Gabegeschehen, Anselm von Canterbury
attributes of God, soteriology, doctrine of satisfaction, event of gifting, Anselm of Canterbury


Gerechtigkeit und Barmherzigkeit sind die zwei Attribute oder Namen Gottes, die das Verhältnis Gottes zu den Menschen in ganz fundamentaler Weise zum Ausdruck bringen. Zugleich stehen sie in Spannung zueinander: Dass Gott gerecht und allmächtig ist, macht ihn zum Inbegriff der Hoffnung für die Leidenden, ungerecht Behandelten und Unterdrückten. Zugleich tritt Gott damit den Tätern, den Schuldigen und den Sündern als endzeitlicher Richter gegenüber – der Mensch sieht sich in seinem faktischen Verhalten und Sein angefragt: „Würdest Du, Herr, unsere Sünden beachten, Herr, wer könnte bestehen?“ (Ps 130,3) Im Bekenntnis seiner Sünde (als Treubruch gegen Gott, als Schuld am Mitmenschen, als Erfahrung der Entfremdung) sucht der Glaubende Zuflucht bei der Barmherzigkeit Gottes: „Gott, sei mir gnädig nach Deiner Huld, tilge meine Frevel nach Deinem reichen Erbarmen!“ (Ps 51,3) Die Gottesbeziehung selbst ist in Israel (und dann in Judentum, Christentum und Islam) von diesen beiden Gottesnamen her strukturiert – zugleich bricht hier eine Spannung auf, die in einer von Unrecht geprägten Geschichte nicht auflösbar zu sein scheint, womit die Kohärenz des Gottesgedankens selbst zur Debatte steht.

In der Gegenwart hat sich die Rechtfertigungslast verschoben und zugespitzt: Die Rede von der Sünde im Christentum steht selbst in der Kritik, gerät unter den Verdacht, als Negativfolie für die Barmherzigkeit Gottes zu dienen, die das Christentum verkündet. Andererseits bildet die Gerechtigkeit Gottes in der Form der Theodizeefrage das beunruhigende Zentrum theologischer Reflexion. Angesichts des abgründigen Leidens der Opfer und der geschundenen Kreatur ist es Gott, der infrage steht: in seiner Gerechtigkeit, in seiner Existenz oder im schmerzlichen Vermissen, auf dass er sich eschatologisch als Gott erweise. Um die Hoffnung auf Gott aufrechtzuerhalten, bleiben Erfahrungen seiner barmherzigen Zuwendung zentral, wenn sie auch oft verborgen und anonym sind. Doch wie den Grund dieser Hoffnung denken, wenn Gnade und Huld als Basis der Gottesbeziehung die Gerechtigkeit Gottes nicht widerrufen dürfen? Die Barmherzigkeit Gottes lässt sich nicht an der Theodizeefrage vorbei bekennen: Gnadenerweise eines parteiischen Willkürherrschers würden sie verschärfen, eine Barmherzigkeit Gottes auf Kosten der Opfer erst recht. [...]


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