Eine bessere Welt – ohne Religion? Diese religionskritische Frage reicht gegenwärtig bis in die medialen Talk- und Kabarettshows. Auch innerhalb des Christentums trifft diese Frage jenseits der Konfessionsdifferenzen auf alle Konfessionen gleichermaßen und mobilisiert in ihren Identitäten entsprechende Reaktionen und Argumentationen hinsichtlich ihrer diesbezüglichen Ressourcen oder Blockaden. Dies ist auch eine eminent politische Frage, weil ein moderner, der Humanität verpflichteter demokratischer Staat kaum mit Religionen kooperieren kann, die aus ihrer inneren Anlage heraus andersgläubige und anderslebende Menschen ausgrenzen, erst der gedanklichen und letztlich der wirklichen Vernichtung preisgeben. Eine Religion, die nicht im eigenen Zentrum universale Solidarität zu begründen und zu betreiben vermag, macht die Welt nicht besser. Der Beitrag konzentriert sich auf die Frage, was die – insbesondere von Martin Luther so eindrucksvoll ins spirituelle Bewusstsein gehobene – Rechtfertigungstheologie in diesem Diskurs an entsprechender Ressource zu geben vermag. Mit Luther gewinnt die Rechtfertigungstheologie in der Dynamik der angesprochenen Fragestellung eine Radikalisierung, die über Luther hinausgeht: In die Richtung ihrer Universalisierung genauso wie in die Richtung einer genau darin verwurzelten größeren Bedeutung der menschlichen Werke. Dabei werden entsprechende Ansätze in der Erwählungstheologie und in der Eschatologie deutlich, ebenso wie eine abgrenzbare christliche Wahrheitsbehauptung, die in sich selbst die unbegrenzte Qualität des göttlichen Heils vertritt. Damit wäre eine Richtung angezeigt, in die sich die christlichen Konfessionen mit ihrer zukunftsorientierten Verantwortung für eine „bessere Welt“ einsetzen und verausgaben.
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