archivierte Ausgabe 1/2015 |


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Leseprobe 3 |
DOI: 10.14623/thq.2015.1.95-102 |
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Franz-Josef Bormann |
Ehe und Familie |
Krisenhafte Entwicklungen und die römische(n) Bischofssynode(n) |
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Reformen tun not. Sie sind eine wichtige und unverzichtbare Lebensäußerung jeder Institution, die den Anspruch erhebt, verantwortungsvoll mit den Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft umzugehen. Das trifft für die katholische Kirche insgesamt mit ihrer Lehre von Ehe und Familie ebenso zu wie beispielsweise für den deutschen Staat, dem der besondere Schutz von Ehe und Familie schon von Rechts wegen (vgl. GG Art. 6 Abs. 1) ein vorrangiges Anliegen sein sollte. Angesichts der vielfältigen Krisensymptome familialer Lebensformen kann nicht die Notwendigkeit von Reformen an sich zur Debatte stehen, sondern allein die Frage, welche Probleme als vorrangig zu qualifizieren sind und wie sie möglichst effizient gelöst werden können. Für die katholische Kirche stellen sich hier im Wesentlichen zwei ganz verschiedene Herausforderungen: Die eine eher praktisch-prozedurale Problematik resultiert aus der Spannung zwischen dem globalen weltumspannenden Charakter der Kirche und den regional sehr unterschiedlichen sozialen, ökonomischen, rechtlichen und kulturellen Bedingungen, unter denen Ehe und Familie in den verschiedenen Ortskirchen jeweils gelebt werden. Die zweite inhaltlich-doktrinäre Problematik betrifft die Frage, wie die Kerngehalte des christlichen Verständnisses von Ehe und Familie heute noch so ausgesagt werden können, dass sie den gegenwärtig lebenden Menschen nicht nur eine sinnvolle Orientierung für die eigene Lebensführung zu bieten vermögen, sondern auch verantwortbare Lösungen für all jene Erfahrungen des Scheiterns ermöglichen, denen immer mehr Zeitgenossen gerade in diesem Lebensbereich ausgesetzt sind. Da beide Herausforderungen die einzelnen Phasen des nunmehr angestoßenen synodalen Prozesses in je unterschiedlichem Maße berühren, sollen sie nachfolgend in chronologischer Ordnung kurz bedacht werden.
1. Die Vorbereitung der Synode
Schaut man im Abstand von mehr als einem Jahr auf den Vorbereitungsprozess der Dritten Außerordentlichen Vollversammlung der Bischofssynode zurück, der vor allem dadurch gekennzeichnet war, dass das römische Generalsekretariat im Oktober 2013 einen Fragebogen an alle Bischofskonferenzen versandt hatte, dann drängt sich zumindest aus deutscher Perspektive ein zwiespältiger Eindruck auf: Einerseits ist es sicher vorbehaltlos zu begrüßen, dass von Rom aus der Versuch unternommen wurde, auf diese Weise nicht nur eine breite Partizipation der Gläubigen am synodalen Prozess zu ermöglichen, sondern die anstehenden normativen Beratungen auch durch eine direkte Zusammenschau der unterschiedlichen Erfahrungen aus den verschiedenen Weltregionen auf ein solides empirisches Fundament zu stellen. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass die konkrete Durchführung dieser Befragung „durch unterschiedliche Erhebungsverfahren“ oftmals bereits innerhalb der verschiedenen Diözesen eines einzelnen Landes auf derart heterogene Art und Weise erfolgte, dass die Aussagekraft der schlussendlich nach Rom gemeldeten Befunde darunter erheblich gelitten hat. So enthält etwa die von der Deutschen Bischofskonferenz im November 2014 der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Zusammenfassung der Ergebnisse nicht nur kaum irgendwelche nennenswerten Neuigkeiten, die nicht schon vorher bekannt gewesen wären. Sie bleibt auch – teilweise bedingt durch die selektiven Vorgaben des Befragungsinstrumentes – weit hinter den sozialwissenschaftlichen Befunden zurück, die mittlerweile von anderer Seite in weit fundierterer Art und Weise erhoben worden sind. So sucht man wesentliche, statistisch mittlerweile gut belegte Entwicklungen, die gerade in Deutschland die Situation von Ehe und Familie in ganz spezifischer Weise prägen, in den kirchlichen Zusammenfassungen der Erhebungen bedauerlicherweise vergeblich: z. B. den auch im internationalen Vergleich extrem ausgeprägten Trend zur Verschiebung des Eheabschlusses, der in nur zwei Jahrzehnten zur Erhöhung des Heiratsalters um ca. fünf Jahre (auf 30,5 Jahre bei Frauen und 33,5 Jahre bei Männern) geführt hat; oder das dramatische Absinken der Reproduktionsquote (auf derzeit ca. 1,4 Kinder pro gebärfähiger Frau), das Deutschland innerhalb einer Generation zum kinderärmsten Land in Europa gemacht hat; oder die kontinuierliche Reduktion des Heiratsumfangs einer Alterskohorte auf ca. 75 % innerhalb weniger Jahrzehnte, die sich nicht zuletzt in einer beständig wachsenden Zahl außerehelicher Geburten niederschlägt.
Doch sind es nicht nur diese für die demographische Situation Deutschlands höchst alarmierenden Befunde, die der kirchliche Lagebericht entweder gänzlich verschweigt oder doch zumindest nicht in gebührender Differenziertheit zur Geltung bringt. Auch wichtige Trends des sexuellen Handelns weiter Bevölkerungsteile, die sich außerhalb des klassischen Segments von Ehe und Familie vollziehen und hochsignifikant für die gegenwärtige kulturelle Situation in unserem Lande sind, bleiben vollkommen unerwähnt: Dazu gehört etwa die weite Verbreitung des Verhaltensmusters der sog. seriellen Monogamie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, das sich nachweislich negativ auf die Entwicklung reifer Beziehungsfähigkeit auswirkt und maßgeblich zur Vertagung der Eheschließung beiträgt, ebenso wie die generelle Verkürzung von Verantwortlichkeit im Bereich sexuellen Handelns auf technische Verhütungskompetenz oder der mit der sog. Familiarisierung der Jugendsexualität verbundene weitgehende Ausfall einer ganzheitlich-personalen Sexualpädagogik. [...]
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