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Editorial DOI: 10.14623/thq.2017.3.217-219
Ottmar Fuchs / Michael Schüßler
Lutherdekade und Lutherjahr gehen mit dem kommenden Reformationsfest 2017 ihrem Ende entgegen. Dass sie auch ein Anfang für so manches sein mögen, wurde auf vielen Veranstaltungen thematisiert. Volker Leppin nimmt in seinem Beitrag diese Dynamik in den Blick, indem er mit einer Analyse der Strategien der Verständigung bei Erasmus und Melanchthon zugleich den Blick eröffnet für das nächste große Reformationsjubliäum, nämlich zum 500jährigen Gedenken der Confessio Augustana im Jahr 2030, in der Hoffnung, dass die Bemühungen um Verständigung jenseits der konfessionellen Differenzen auf dem Hintergrund zu priorisierender Gemeinsamkeiten verstärkt wird. Was diese Gemeinsamkeiten inhaltlich ausmachen, hängt an den sich gegenseitig erschließenden Verbindungen von konfessionellen Traditionen und gegenwärtigen Situationen und Herausforderungen. Akute Gegenwartsbezüge unterlaufen die Konfessionsgrenzen und beanspruchen gleichwohl die differenten konfessionellen Identitäten für gemeinsame Anliegen. Die hier aufgenommenen Beiträge zeigen, wie sehr solche und andere Jenseitigkeiten der Konfessionsdifferenz ihrerseits prioritäre und darin eminent theologische Qualität gewinnen.

Volker Leppin geht historisch am weitesten zurück, bis in einen entscheidenden Prozess der Reformationszeit selbst, nämlich zur Abfassung der Confessio Augustana auf der einen und eines korrespondierenden Textes von Erasmus auf der anderen Seite. Die von beiden verfolgte Strategie der Priorisierung (der Lehre gegenüber dem Gebrauch, bzw. der Sachverhalte gegenüber den Wörtern als Ausdrucksweisen dieser Sachverhalte) bringt Beweglichkeit in die Auseinandersetzung, die allerdings durch Verschweigen von Differenzen im angeblich nicht prioritären Bereich riskiert ist. Deren Dissimulation, also deren Herunterspielen, bringt mit der Technik verbaler Angleichung eine allerdings durchaus fragwürdige Einheit in der Sache. Dieser Dissimulierung dient auch der Appell an externe Referenzgrößen, die für alle Beteiligten verbindlich sind, hier die Schrift und die Kirchenväter. Es wäre tatsächlich reizvoll, wie dieses „virtuelle Spiel“ weitergegangen wäre, wenn die Frage der kirchlichen Einheit in den Händen von Erasmus und Melanchthon gelegen hätte. Was sie eint, ist jedenfalls der Impetus, zu einer Verständigung zu kommen und dafür argumentative Wege zu gewinnen.

Die heutige hermeneutische Situation darf sich an diesem Impetus ausrichten und diese Bemühung um Verständigung in den gegebenen Verhältnissen und Bedingungen weiterführen, mit anderen Priorisierungen, mit einer anderen Weise, Autoritäten zu beanspruchen, und mit „Dissimulierungen“, wenn es um Wichtigeres als um Differenzen geht. Die nun folgenden Beiträge sind auf ihre Weise Entfaltungen solcher Zusammenhänge für die Gegenwart und für die Zukunft.

Ottmar Fuchs nimmt das äußerste „Jenseits“ aller Differenz in den Blick, nämlich die schöpferische Beziehung Gottes zur Schöpfung, wie sie im Horizont der Offenbarung als unendliche Einheit von Liebe und Freiheit (und damit Differenzfähigkeit) gegeben ist. Darin erweitert er mit der Rechtfertigungstheologie Luthers diese über Luther hinaus und bestimmt eben den Glauben an diese Universalität, die der Welt im Jenseits Gottes und aus diesem heraus geschenkt ist, als die diesseitige Spiegelung dieser Universalität in der Existenz des Menschen. Dies führt zu einer theologischen Präzision der Erwählungskategorie genauso wie zu einer gesteigerten theologischen Bedeutung solidarischer Werke gegenüber allen Menschen, wie sie eschatologisch in der gottgegebenen Universalität von Liebe und Freiheit und damit im Horizont der unendlichen Versöhnung Gottes eingeklagt werden. Die Exklusivität eines solchen Glaubens gegenüber anderen, nämlich exklusivistischen Glaubens- und Ideologieformen beinhaltet die Inklusion aller Geschöpfe. Der Weltgebetstag der Frauen, dem die Katholische Fakultät in Tübingen im Jahr 2002 in der Person von Frau Pfarrerin Helga Hiller die Ehrendoktorwürde verliehen hat, markiert schon seit über 100 Jahren einen solchen Weg. Ähnliches gilt für die Initiativen und Organisationen des Konziliaren Prozesses christlicher Kirchen für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Johanna Rahner fragt in ihrem Beitrag nach dem „Day after Tomorrow“ in der Ökumene. Sie beobachtet, wie sich die Frage- und Problemhorizonte hier gegenwärtig verschieben und neu überlagern. Während die religionssoziologische Lage der Gegenwart einerseits stabile konfessionelle Identitäten verflüssigt, sieht Rahner vor allem entlang ethischer Fragen auch gegenlaufende Tendenzen einer rekonfessionalisierenden Profilierung. Auf einem globalisierten Markt des Religiösen zeichnen sich dann quer durch die Großkirchen neue Trennungslinien ab, die jenseits der bekannten Konfessionendifferenzen verlaufen. Vor allem die charismatisch-pentekostalen Formen des Christentums stellen das gemeinsame europäische Erbe aufgeklärter Religiosität vor neue Herausforderungen.

Bernd Jochen Hilberath kann auf eine jahrzehntelange Erfahrung im ökumenischen Ringen um theologische Verständigung zwischen den Konfessionen zurückblicken. Gerade weil die schleppende Rezeption des theologisch eigentlich schon Erreichten eher Ernüchterung auslöst, fragt er nach der Bedeutung von „nicht-genuin-theologischen Faktoren“. Ausgehend von aktuellen Beispielen und im Blick auf die jüngere Geschichte kommen ent- und rekonfessionalisierende Aspekte in den Blick, die sich nicht allein aus lehrhaften Gegensätzen erklären lassen, denen aber theologische Bedeutung zukommt. Deshalb bei den praktischen Erfahrungen des Lebens und Glaubens anzusetzen, so Hilberath zum Schluss, sei das nicht auch die „Methode“ von Papst Franziskus?

Dass die Theologie auch und gerade im Lutherjahr nicht an den humanen und politischen Krisen der Gegenwart vorbeigehen kann, darauf weist zuletzt Michael Schüßler in einem Kritischen Forum zur gefährdeten Zukunft europäischer Demokratien hin.

Tübingen, im August 2017

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