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Leseprobe 1 DOI: 10.14623/thq.2016.4.319-334
Franz-Josef Bormann
Unterscheidung und Integration
Moraltheologische Überlegungen zum postsynodalen Schreiben Amoris laetitia
3. Ausblick und Desiderate

Das postsynodale Schreiben Amoris laetitia ist aufs Ganze betrachtet ein Dokument, das zwei ebenso wichtige wie richtige Ziele verfolgt: Nicht nur das große vorrangige Ziel einer umfassenden missionarischen Erneuerung der gesamten Ehe- und Familienpastoral verdient aus moraltheologischer Perspektive angesichts unübersehbarer Krisensymptome familialer Lebensformen ungeteilte Zustimmung, sondern auch das demgegenüber nachgeordnete, zwischen Synode und Papst im Prinzip weithin unstrittige Bemühen, Menschen in schwierigen persönlichen Lebensumständen besser als bisher pastoral zu begleiten, um die Integration dieser Personen mit ihren ganz unterschiedlichen Belastungen und Lebensschicksalen in den kirchlichen Selbstvollzug energisch zu fördern. Bei allem gebotenen Respekt vor dieser doppelten Zielausrichtung ist jedoch auch deutlich darauf hinzuweisen, dass der Text überall dort erkennbar an seine Grenzen stößt, wo es um die Bestimmung der näheren Konturen dieses Integrationsprozesses für einzelne solcher Gruppen geht. Vor allem im Blick auf die im deutschsprachigen Kontext besonders in den Vordergrund gerückte Frage des Kommunionempfangs wiederverheirateter Geschiedener bleiben die Ausführungen des Papstes allzu vage und unbestimmt. Die zu Recht beschworene Logik der Integration bedarf daher der Ergänzung durch eine prozedural abgesicherte Pragmatik der Integration, die hinsichtlich ihrer Bewertungs- und Entscheidungskriterien transparent ist und allen Betroffenen die nötige Rechtssicherheit gewährt. Um dieses Ziel zu erreichen und die bisher vorhandenen Leerstellen einer überzeugenden Integration zu füllen, braucht es eine gemeinsame Anstrengung von weiterer theologischer Reflexionsarbeit und konkreter bischöflicher Verantwortungsübernahme.

Der Theologie fällt dabei nicht nur die Aufgabe zu, die teilweise um- und abwegigen Reflexionen des Papstes zum Verhältnis von Norm und Einzelfall innerhalb des postsynodalen Schreibens auf eine solidere moraltheologische Grundlage zu stellen und damit dem fortschreitenden lehramtlichen Verschleiß so wichtiger ethischer Kategorien wie ‚Klugheit‘, ‚Epikie‘ und ‚Gewissen‘ zur pastoralen Kompensierung normativer Begründungsdefizite Einhalt zu gebieten. Sie hat auch überzeugende Modelle zur zeitgemäßen Aufarbeitung von Schuld und Versagen vorzulegen, die der Selbsterfahrung der betroffenen Menschen entsprechen und das Ziel einer kirchlich institutionell abgesicherten Versöhnung glaubwürdig vermitteln.

Demgegenüber besteht die Verantwortung der vom Papst ausdrücklich in die Pflicht genommenen Bischöfe nicht zuletzt in Gestalt der nationalen Bischofskonferenzen darin, unter selbstverständlicher Wahrung der kirchlichen Einheit von Lehre und Praxis für ihren jeweiligen Geltungsbereich „besser inkulturierte Lösungen“ für die drängenden Herausforderungen auf dem Gebiet von Ehe und Familie zu erarbeiten. Die Bischöfe sollten das postsynodale Schreiben daher als eine wertvolle Profilierungschance begreifen, die sie allerdings nur dann erfolgreich werden nutzen können, wenn sie der Versuchung widerstehen, sich ausschließlich auf jene Einzelaspekte des Schreibens zu fixieren, die in großer inhaltlicher Nähe zu eigenen früheren Überlegungen einzelner deutscher Bischöfe stehen. Auf diese Weise laufen sie nicht nur Gefahr, das prioritäre und umfassendere Ziel einer missionarischen Erneuerung der Ehe- und Familienpastoral insgesamt durch Untätigkeit zu unterlaufen, sondern auch die tatsächliche Reichweite der seiner Zeit angedachten einzelfallbezogenen Gewissens-Lösung zu überschätzen. Das diskrete priesterliche Gespräch im forum internum mag in bestimmten Fällen subjektiv enorm entlastend wirken und hilfreich für die Initiierung eines pastoralen Dialoges sein, doch bedarf es der Ergänzung durch weitere objektivierbare Schritte, wenn es sich mittel- und langfristig nicht wegen der drohenden Intransparenz und Uneinheitlichkeit der jeweils getroffenen Entscheidungen als Pyrrhus-Sieg für die kirchliche Rechtskultur entpuppen soll. Nötig wäre es, durch solche gezielten prozeduralen Ergänzungsschritte auf dem Wege zu einer Vergebungspraxis zu so etwas wie einer institutionell abgesicherten „Kultur des Scheiterns“ zu kommen, die das jeweilige Versagen nicht wegerklärt, sondern kompetent aufarbeitet und sich damit wohltuend von jener gesamtgesellschaftlichen Schuldverdrängung unterscheidet, die die Kirchenvertreter selbst in der Vergangenheit zu Recht wiederholt scharf kritisiert haben. Im Blick auf die langfristige Sicherung ihrer Vertrauenswürdigkeit wäre daher sehr zu wünschen, dass sich die Bischofskonferenz zu einer solchen konstruktiven Kraftanstrengung fähig erweist. [...]


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