archivierte Ausgabe 4/2015 |
|
|
|
|
|
|
|
|
Leseprobe 2 |
DOI: 10.14623/thq.2015.4.379-389 |
|
Peter Hünermann |
Das II. Vatikanische Konzil 50 Jahre |
|
„Das Konzil eröffnen“: der Titel des internationalen Kongresses in München (6.–8. Dezember 2015) bezeichnet treffend die theologischen und kirchlichen Ereignisse, die sich in den Jahren des Konzilsjubiläums 2012–2015 zugetragen haben: Es ist eine grundlegende Wandlung in der Rezeption und Gesamtsicht des Konzils, begrifflich ausgedrückt der Wandel von der „kommunikativen Erinnerung“ zur „kulturellen Erinnerung.“
Da steht am Anfang dieses Zeitraums die letzte große Amtshandlung Benedikts XVI., seine Abschiedsvorlesung vor dem römischen Klerus am 14.2.2013. Der Papst spricht über das „II. Vatikanische Konzil: ‚Wie ich es gesehen habe‘“. Er interpretiert die Entscheidungen dieser großen Kirchenversammlung als Einzelentscheidungen, Lösung von spezifischen Fragen, die dem Traditionsbestand der vorkonziliaren Epoche ergänzend und präzisierend hinzugefügt werden. In der gleichen Weise hatte Paul VI. das Konzil verstanden. Dies zeigt sich deutlich am Glaubensbekenntnis des Gottesvolkes, das Jacques Maritain für Paul VI. ausgearbeitet hatte und das nach dem II. Vatikanischen Konzil nirgendwo rezipiert wurde. In der gleichen Weise hat der Erzbischof von Krakau, Kardinal Woityła, in seiner Diözesansynode nach dem Konzil – unter Berufung auf Paul VI. – das Konzil verstanden. Benedikt XVI. hat in diesem Punkt immer mit Paul VI. und Johannes Paul II. übereingestimmt. Dabei unterscheiden sich die drei Päpste durchaus in der Art und Weise, wie sie dieses generelle hermeneutische Prinzip im Einzelnen anwenden.
Keiner der drei Päpste sieht, dass sich mit dem II. Vatikanischen Konzil ein epochaler Wandel vollzieht, der die Tradition in neue Zusammenhänge rückt und in einer originären Weise neu und vertieft verstehen lässt. Benedikt schließt deswegen seinen Bericht mit den Worten: „Es gab das Konzil der Väter – das wahre Konzil –, aber es gab auch das Konzil der Medien. Es war fast ein Konzil für sich, und die Welt hat das Konzil durch diese, durch die Medien, wahrgenommen. Das Konzil, das mit unmittelbarer Wirkung beim Volk angekommen ist, war also das der Medien, nicht das der Väter. Und während das Konzil der Väter sich innerhalb des Glaubens vollzog, ein Konzil des Glaubens war, der den ‚intellectus‘ sucht, der versucht, einander zu verstehen und die Zeichen in jenem Augenblick zu verstehen, der versucht, auf die Herausforderung Gottes in jenem Augenblick zu antworten und im Wort Gottes das Wort für heute und morgen zu finden. Während das ganze Konzil sich also wie gesagt innerhalb des Glaubens bewegte als ‚fides quaerens intellectum‘, entfaltete sich das Konzil der Journalisten natürlich nicht im Glauben, sondern in den Kategorien der heutigen Medien, also außerhalb des Glaubens mit einer anderen Hermeneutik. Es war eine politische Hermeneutik: Für die Medien war das Konzil ein politischer Kampf, ein Machtkampf zwischen verschiedenen Strömungen der Kirche. Selbstverständlich haben die Medien für jene Partei ergriffen, die ihnen zu ihrer Welt am besten zu passen schien. Es gab jene, die die Dezentralisation der Kirche suchten, die Macht für die Bischöfe und dann – durch das Wort ‚Volk Gottes‘ – die Macht des Volkes, der Laien … Man war nicht interessiert an der Liturgie als Glaubensakt, sondern als etwas, wo verständliche Dinge getan werden, ein Handeln der Gemeinschaft, etwas Profanes. Und bekanntlich gab es eine auch geschichtlich begründete Tendenz zu sagen: Sakralität ist etwas Heidnisches oder gegebenenfalls etwas Alttestamentarisches. Für das Neue gilt nur, dass Christus ‚außerhalb‘ gestorben ist: also vor den Toren, in der profanen Welt. Mit der Sakralität muss also Schluss sein, auch der Kult muss profan werden: Der Kult ist kein Kult, sondern ein gemeinschaftlicher Akt, an dem alle zusammen teilnehmen und so auch Teilnahme als aktives Handeln … Und so auch in der Frage der Schrift: Die Schrift ist ein historisches Buch, das historisch behandelt werden muss, und nichts anderes, usw.
Wir wissen, dass dieses Konzil der Medien allen zugänglich war. Es war also das vorherrschende, das sich stärker ausgewirkt und viel Unheil, viele Probleme, wirklich viel Elend herbeigeführt hat: Geschlossene Seminare, geschlossene Klöster, banalisierte Liturgie … Und das wahre Konzil hatte Schwierigkeiten, umgesetzt, verwirklicht zu werden; das virtuelle Konzil war stärker als das wirkliche Konzil.“
Was geschieht nun im Verlauf des Konzilsjubiläums zwischen 2012 und 2015? Es findet zum Ersten ein globaler öffentlicher theologischer Verständigungsprozess statt, in dem diese – das römische Lehramt wie Teile des nachkonziliaren Episkopats bestimmende – Konzilsauslegung beendet wird. Eine Konzilsauslegung, die in zahlreichen Zügen auch das neue Kirchenrecht bestimmt. Zum Zweiten setzt mit dem neuen Pontifikat von Papst Franziskus die kirchenamtliche Ausprägung der kulturellen Memoria des II. Vatikanischen Konzils ein, in der erste grundlegende Züge am Ende dieser Zeit des Konzilsjubiläums Gestalt annehmen. [...]
Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.
|
|
|
|
|
Anzeigen
|
Mit Anzeigen und Inseraten erreichen Sie Ihre Zielgruppe. Anzeige aufgeben
|
|
|
Unsere Dienstleistung für Verlage, die Ihr Abogeschäft in gute Hände geben wollen.
|
mehr
Informationen
|
|
|
Bücher & mehr |
|
|