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Leseprobe 3
Albert Biesinger / Simone Hiller / Norbert Mette
Familien als Subjekte der Gottesbeziehung
Familienbiographische Katechese als zukunftsfähiger Paradigmenwechsel

Familien sind originärer Ort der Gottesbeziehung, weil sie der Ort erster und eindrücklicher Beziehungen überhaupt sind. In Familien leben Eltern und Kinder miteinander in Beziehung und kommunizieren ihre alltäglichen Lebenssituationen. Familien sind deshalb auch originärer Kommunikationsort von religiöser Erziehung und Bildung. Gesellschaftlich und kirchlich ist dies scheinbar anerkannt, tatsächlich ist die christliche Familie aber auch stigmatisiert durch Beschuldigung und Überforderung. Es stellt sich die Frage, wie gelingende religiöse Erziehung und Bildung Eltern hilft, religiöse Kompetenzen zu erwerben und weiterzugeben. Religiöse Kompetenzen entwickeln sich – auch in Familien – durch und in der Aktion, vor allem im Vollzug religiöser Rituale. Eltern sind dabei in zweifacher Weise angesprochen – Elternkatechese dient einem doppelten Kompetenzerwerb. Sie sind als Subjekte ihrer eigenen Gottesbeziehung zum einen selbst Subjekte der Katechese als Erschließung der Gottesbeziehung in der Dimension der eigenen Glaubensbiographie; zum anderen sind sie Subjekte in der Dimension der religiösen Erziehungskompetenz.

Katechese ist, wenn sie wirksam sein soll, ein lebensbegleitender Prozess, der – gerade im Hinblick auf Jugendliche und Eltern in der Erziehungsphase – biographisch »pünktlich« strukturiert werden muss.

Katechese gehört im Sinne von Martyria und Diakonia zu den Grundvollzügen von Kirche; Elternkatechese ist deshalb ein konstituierender Lehr- und Lernprozess als Vollzug der Gemeindekatechese. Ziel von Katechese ist außerdem religiöse Sozialisation und Kompetenz; Katechese ist insofern Intervention im Verlauf der religiösen Sozialisation.

Familienbiographische Katechese als subjektorientierte Erschließung der Gottesbeziehung begleitet Familien als Subjekte in ihrer Glaubenskommunikation. Dies ist religionspädagogisch angezeigt und erfordert in der katechetischen Praxis einen Paradigmenwechsel, dessen Grundlagen und Ausgestaltung im vorliegenden Aufsatz dargestellt werden. Die hier einleitend vorgetragenen Überlegungen zu Familie und Religiosität werden theologisch vertieft und weitergeführt (I), anschließend aus religionspsychologisch-sozialisationstheoretischer Perspektive fundiert (II) und schließlich aus soziologischer Perspektive differenziert (III), sodass nach Benennung weiterer Bedingungsfaktoren und Wirkungen religiöser Erziehung in der Familie (IV) religionspädagogische Konsequenzen vorgestellt werden können.

I. Familie als Ort der Gottesbeziehung

In ihren Kindern werden Eltern von Gott berührt. Biologische Zeugung ist – schöpfungstheologisch reflektiert – immer auch Gottesberührung.

In einem Kind werden Menschen biologisch und spirituell berührt: Die Mutter in der Schwangerschaft besonders intensiv in einer ihre Existenz insgesamt betreffenden Weise; Analoges gilt aber – häufig vernachlässigt – auch für den Vater. Spirituell können beide die Wirklichkeit christlich interpretieren – Gott schenkt uns unser Kind, Gott ist da. Wenn wir unsere Existenz als »In-Existenz« in der Gottesbeziehung verstehen, dann fällt die existenziell betroffen machende Situation von Schwangerschaft und Geburt, die Erweiterung der Paar-Kommunikation zu der auf ein Kind geöffneten Familienkommunikation nicht aus der Gottesbeziehung heraus, sondern ist vielmehr Realisierung der Gottesbeziehung im Sinne der »Mitteilung und Vollziehung des Wortes« in dieser biographisch hochaufgeladenen Situation des Vater- und Mutter-Werdens und -Seins als Bildungsprozess. Familien müssen nicht an Gott »herumzerren «, damit er sich ihnen endlich zuwendet. Er hat sich ihnen schon zugewandt als JHWH, der Gott »Ich-bin-da«, als menschgewordener Sohn im Kind in Bethlehem, als Verkünder des angebrochenen Reiches Gottes, als Gekreuzigter und Auferstandener aus dem Tod. Konsequent gedacht ist Gott für Familien »Ich bin mit euch«.

Die Herausforderung dieser Situation ist für Eltern im nächsten Schritt, dies wahrzunehmen, diese Nähe Gottes zuzulassen, zu reflektieren und entsprechend zu »realisieren «. Josef Goldbrunner drückt mit dem Begriff »Realisation« Wesentliches für die christliche Glaubenspraxis aus. Johann Baptist Hirscher lenkt mit dem Begriff »Vollziehung des Wortes« ebenfalls die Aufmerksamkeit darauf, wie Menschen als Subjekte der Gottesbeziehung diese ihre Lebenssituation – Gott hat uns ein Kind anvertraut – konkretisieren, feiern, deuten und alltagstauglich gestalten können. Familien interpretieren ihren Glauben als Subjekte, sie sind nicht lediglich Objekte kirchenamtlicher Weisungen oder katechetischer Begriffe und Inhalte. Familien sind deshalb als Subjekte ihrer Gottesbeziehung und als ›loci theologici‹ – »Orte, an oder aus denen sich theologische Erkenntnis bildet« – zu verstehen. Dies ist als eine zentrale religionspädagogische Herausforderung endlich ernster zu nehmen und umzusetzen. Familien interpretieren ihren Glauben als Subjekte und generieren ihre biographisch relevanten Glaubensbedeutungen in ihrer »Freude und Hoffnung, Trauer und Angst«. Familien sind als Subjekte Trägerinnen der Verkündigung und dies auf verschiedenen Ebenen:

– Zunächst interpretieren die Frau und der Mann, die durch ihr erstes Kind zur Mutter bzw. zum Vater werden, diesen Knotenpunkt ihrer Existenz im Blick auf ihre eigene biographische christliche Sinndeutung.

– Eltern, die sich für die Taufe ihres Kindes entscheiden, sind Subjekte der Taufkatechese und der Taufliturgie – immer auch in Stellvertretung zu dem kleinen Kind, das seinen eigenen Glauben und seine eigene Entscheidung noch nicht selbst zum Ausdruck bringen kann. Wenn die Kirche Säuglinge tauft – in der frühen Kirche waren es vorwiegend Erwachsenentaufen -, dann sind Eltern, Patinnen und Paten intensiv in ihrem ureigenen Glaubenszeugnis gefragt.

– Familien sind – auch als ›loci theologici‹ – Kommunikationsorte und Kommunikationssituationen im konkreten Alltag. Deswegen sind mit Eltern als Subjekte ihrer eigenen alltagstauglichen Sinnorientierung eben auch alltagstaugliche Wege der Glaubenskommunikation auszutauschen, zu diskutieren und konkret familienpraktisch zu erschließen und zu erproben: Familien sind Subjekte ihrer Gottesbeziehung, wenn sie ihrem Kind ein Kreuzzeichen auf die Stirn machen, es segnen und sich und das Kind Gott, dem Schöpfer und Erlöser der Welt, anvertrauen. Familien sind Subjekte ihrer Gottesbeziehung, wenn sie ihr Kind teilhaben lassen an ihren eigenen Ritualen, wenn sie kindgemäße Rituale entwickeln und in der eigenen Familie regelmäßig realisieren

Das zugrunde liegende sozialisationstheoretische Modell ist mit der Theorie des »Symbolischen Interaktionismus« am präzisesten zu beschreiben. In der Kommunikation zwischen Eltern und Kindern entstehen immer auch Bedeutungen, dies gilt auch für Glaubensbedeutungen und -deutungen. Dazu ein vor Jahren geschehenes Alltagserlebnis, das wir an späterer Stelle nochmals aufgreifen werden: Der vierjährige David fragt seinen Vater Albert Biesinger, warum er dem toten Vogel, den er tagelang auf dem Weg zum Kindergarten am Straßenrand sieht, nicht helfen könne. Auf die Antwort, dass dem toten Vogel kein Mensch mehr, sondern nur der liebe Gott helfen könne, fragt David, wie groß und stark der liebe Gott denn sei und warum der Vater nicht der liebe Gott sei. Sein Vater versucht ihm zu erklären, dass er doch ein Mensch sei und selber auch einmal sterben müsse und deswegen nur der liebe Gott dem toten Vogel helfen könne. David darauf: »Ist der liebe Gott so groß wie ein Hochhaus?«

[...]


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