Theologische Quartalschrift - Startseite
Startseite » Aktuelle Ausgabe » Leseprobe 3
aktuelle
Ausgabe 3/2025


Titelcover der aktuellen Ausgabe 3/2025 - klicken Sie für eine größere Ansicht


Jahresverzeichnis 2024


Aktuelles Jahresverzeichnis


Jahresverzeichnis 2024
als PDF PDF.



Wir über uns

Unsere Schwerpunkte und Akzente finden Sie hier.


Die Schriftleitung


stellt sich hier vor.


Suche in Artikeln

Leseprobe 3 DOI: 10.14623/thq.2025.3.266–280
Markus Vinzent
Nizäa 325 – in Retrospektion
Zusammenfassung
Der Beitrag reflektiert das Erste Konzil von Nizäa (325) retrospektiv und hinterfragt seine bis heute oft unkritisch als „Durchbruch“ gefeierte Bedeutung. Anhand der Rezeptionsgeschichte wird gezeigt, wie das Konzil zunehmend als normative Instanz kirchlicher und theologischer Identität gilt, obwohl es selbst in einem komplexen Spannungsfeld von kaiserlicher Macht, theologischen Kämpfen und institutioneller Entwicklung stand. Die Analyse legt offen, dass Nizäa sowohl Innovation als auch Instrumentalisierung war: ein Konzil, das imperiale Interessen und kirchliche Strukturen verband und so neue Maßstäbe setzte, zugleich aber Spaltungen vertiefte. Nizäa wird so zum Zeichen dafür, dass Tradition Wandlungsprozesse einschließt. 

Abstract
This article offers a retrospective view of the First Council of Nicaea (325), questioning its often-celebrated role as a decisive breakthrough. Tracing its reception history, the study highlights how Nicaea has come to be seen as a normative anchor of ecclesial and theological identity, despite having emerged from a complex interplay of imperial power, theological disputes, and institutional formation. The analysis reveals that Nicaea represented both innovation and instrumentalization: a council binding imperial agendas and church structures while simultaneously deepening divisions. It stands as a reminder that tradition is sustained through processes of change and critical reevaluation.

Schlüsselwörter/Keywords

Nizäa 325; Konziliengeschichte; Kaiser Konstantin; Homoousios; Rezeptionsgeschichte; Kirchengeschichte; Dogmengeschichte; Retrospektion
Nicaea 325; history of councils; Emperor Constantine; Homoousios; reception history; church history; history of dogma; retrospection 


Macht, Kritik, Diskurs und Erfindung

Gerhard van den Heever (Pretorioa University) schreibt: 

„Das Konzil von Nizäa – ebenso sein Glaubensbekenntnis, seine Rezeption in der Theologiegeschichte und insbesondere in Afrika – ist zutiefst durchzogen von, ja kodiert in kaiserlicher Ideologie […] Die sogenannte ‚konstantinische Wende‘, deren Ausdruck und bleibendes Symbol das Konzil von Nizäa war, etablierte ein Muster: Von nun an war das Christentum mit dem Imperialen verflochten. Die Regelmäßigkeit, mit der in dieser Zeit Bekenntnissen (oder Auslegungen des Bekenntnisses) Anatheme beigefügt wurden, bezeugt die Anwendung von Klassifikation, Autorisierung, Zwang und bisweilen unverhohlener Gewalt – also die operative Durchsetzung von Macht –, um eine autorisierte Form des Christentums zu institutionalisieren und zu normieren.“

Ich habe dieses Zitat als Einstieg gewählt, weil ich in diesem Artikel einen retrospektiven Blick auf Nizäa 325 werfe. Mit Nizäa wird heute, wie von van den Heever kritisiert, mitunter eine normative, kolonial-imperiale Zwangsform des Christentums verbunden, anderen, wie dem Vatikan, gilt es als „ein wichtiges Beispiel für Synodalität“, der Weg „der Kirche des dritten Jahrtausends“. Wolfram Kinzig, protestantischer Kirchenhistoriker im deutschen Bonn, sieht den auf diesem Konzil formulierten Glauben als „das wichtigste Bekenntnis des alten östlichen Christentums […] es bildete den Lehrstandard, an dem alle anderen theologischen Erklärungen gemessen wurden, bis es schließlich von dem Bekenntnis von Konstantinopel, welches selbst ein Abkömmling des nizänischen war, abgelöst wurde.“ Dies sind nur vereinzelte Stimmen, die mit weiteren, gerade zum 1700-jährigen Jubiläum geäußerten, zu einem großen Chor verbunden werden könnten.

Im Folgenden will ich diskutieren, wie diesem Konzil, seinen Regelungen, seinem Bekenntnis und den darin enthaltenen Anathematismen diese dominante Stellung zugemessen wurde, dann aber auch, welche Hoffnungen und Befürchtungen sich mit dem Konzil heute für die Zukunft verbinden.

Innovation und Tradition

Nizäa 325 gilt heute, historisch gesehen, als „Innovation, mit der unter staatlicher Mithilfe eine Entscheidungsinstanz für die Kirche im römischen Reich geschaffen wurde, deren Beschlüsse reichsrechtlich verbindlich gemacht wurden“. Doch schon die Bezeichnung dieser Bischofsversammlung, die der römische Kaiser einberief und von einem zeitgenössischen Bischof, Eusebius von Cäsarea, als erstes „ökumenisches“ Konzil bezeichnet wurde, ist umstritten. 

J. Ratzinger hielt fest, dass „Nikaia und Chalkedon als die grundlegenden Konzilien angesehen werden“ müssen, und zwar aufgrund des „Maßstab[s] der Universalität“, auch wenn er bezüglich Chalkedon diese Universalität bereits wieder in Frage stellt. Grund hierfür ist, dass diese Versammlung „praktisch nur von den griechisch sprechenden Kirchen rezipiert wurde und zur Trennung von griechischen und nicht griechisch sprechenden Kirchen führte“. Auch für Nizäa, so P. Gemeinhardt, gelte das „ökumenisch […] nur bedingt, denn der Westen war nur durch eine geringe Zahl von Bischöfen vertreten“, weil von den „etwa zweihundert Bischöfe[n], fast alle aus dem Osten“ stammten. [...]


Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.

Zurück zur Startseite

Abonnements


Abonnements

Sie haben die Wahl ...

weitere Infos zu unseren Abonnements


Anzeigen


Mit Anzeigen und Inseraten erreichen Sie Ihre Zielgruppe. Anzeige aufgeben


Unsere Dienstleistung für Verlage, die Ihr Abogeschäft in gute Hände geben wollen.


aboservice

mehr
Informationen


Theologische Quartalschrift
Telefon: +49 (0) 711 44 06-140 · Fax: +49 (0) 711 44 06-138
Senefelderstraße 12 · D-73760 Ostfildern
Kontakt | AGB | Datenschutz | Impressum | Barrierefreiheit