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Leseprobe 2
Daniel Bogner
Religion im Abseits?
Das Kölner Beschneidungsurteil in sozialethischer Perspektive
Der sich ändernde Stellenwert der Religion in der öffentlichen Landschaft spiegelt sich oftmals in der Sprache des Rechts wider. Im rechtlich ausgetragenen Streit werden religiös motivierte Geltungsansprüche verhandelt, und diese Geltungsansprüche variieren die Geländeverteilung zwischen säkular und religiös, zwischen individuellem Sinnhorizont und öffentlicher Deutung; bei den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zu den Schulkreuzen, zum Schächten oder zum Kopftuchtragen kann man das gut beobachten.

Das Beschneidungsurteil des Kölner Landgerichts vom 7. Mai 2012 (Az. 151 Ns 169/11) ist nicht nur ein weiterer Markstein in der Reihe dieser Rechtskontroversen. Es eignet sich besonders gut dafür, ein Licht auf den öffentlichen Umgang mit der Religion zu werfen, weil die Kontroverse hier nach einer Logik verschiedener konkurrierender Grundrechte entworfen wird: Beim Streit um die Schulkreuze oder das Kopftuch im öffentlichen Dienst ging es jeweils um bestimmte Aspekte der Religionsfreiheit selbst – die negative Freiheit von der Religion auf der einen Seite, die positive Freiheit zur religiösen Praxis auf der anderen Seite. Insofern waren diese Debatten natürlich auch grund- und menschenrechtlich konnotiert. Beim Beschneidungsfall aber geht es nicht um interne Gewichtungen der unterschiedlichen Facetten der Religionsfreiheit, sondern um die Konkurrenz zwischen verschiedenen Grundrechten selbst: Das elterliche Erziehungsrecht, die Religionsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit stehen sich, zum Teil ineinander verschränkt, gegenüber. Man spricht juristisch von einer mehrpoligen Grundrechtekonkurrenz. Wer nicht im Blick hat, dass die Religionsfreiheit nicht irgendein Kuckuckskind der Menschenrechtsentwicklung ist, sondern – im Gegenteil – von Anfang an eine Triebfeder für die menschenrechtliche Emanzipationsgeschichte war, wird dem Kern des Konfliktes nicht gerecht.

Selten hat es eine religionspolitische Debatte gegeben, die so aufgeladen war wie die um das Beschneidungsurteil. Es treffen Anliegen aufeinander, die sehr unterschiedlicher Herkunft sind: Es gibt die innerrechtlichen Fragen nach dem Status der einzelnen Grundrechte, man hat es zu tun mit der Bedeutung menschenrechtlicher Ansprüche im gesellschaftlichen Alltag überhaupt, es geht um – je unterschiedliche – Sensibilitäten in Bezug auf die Religionsgemeinschaften Judentum und Islam, man ist schließlich konfrontiert mit der Frage: Welcher öffentliche Platz darf religiöser Praxis zukommen, ohne dass der weltanschaulich neutrale Rechtsstaat seine Rolle verletzt? Es sind Fragen, die nach einer sozialethischen Vergewisserung zur Situation verlangen, die über den Tag und die tagesaktuellen Debatten hinausreicht.

Dies soll im Folgenden versucht werden, und zwar in zwei größeren Schritten: Zuerst ist eine Bestandsaufnahme zum Verlauf der Debatte zu geben, zu den wesentlichen Akteuren und den von diesen vorgebrachten Argumenten und Meinungslagen (1.). Dieser Blick soll dann im zweiten Teil (2.) dabei helfen, nach dem Orientierungsbedarf in der Sache zu fragen: Was also sind die eigentlichen Knackpunkte der Debatte? Hieraus legt sich jeweils nahe, welche Handlungsoptionen verfolgt werden können.

1. Ressentiment oder Rationalität?


Strukturen einer Debatte Nicht viele Urteile deutscher Landgerichte lösen ein solches Echo aus wie der Urteilsspruch aus Köln: Von der lokalen Ebene bis zur Bundesebene reichten die öffentlichen Reaktionen; es äußerten sich verschiedene medizinische Berufsverbände, ebenso Politiker aller Couleurs, Vertreter der betroffenen (muslimischen, jüdischen) Religionsgemeinschaften, aber mit Kirchenvertretern auch solche des vom Urteil eigentlich selbst gar nicht direkt berührten Christentum, daneben auch zahlreiche Juristen, Theologen, Historiker und andere Wissenschaftler. Die Bundesregierung hat unmittelbar reagiert, der Deutsche Ethikrat hat getagt und eine Stellungnahme verabschiedet; der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Religionsfreiheit stand unmittelbar nach dem Urteil im Fokus von Funk und Fernsehen. Begleitet wird die akademische und politische Debatte von einer zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung, die in den Printmedien und über die sozialen Netzwerke geführt wird und bis heute andauert.

Die Anzahl der Äußerungen ist zwar immens, die der ausgetauschten Argumente allerdings nicht. Es lassen sich drei Hauptlinien ausmachen, denen die unterschiedlichen Diskurse zugeordnet werden können, nämlich zum einen die rechtliche Diskussion selbst, zum anderen eine eher von der Phänomenbeschreibung der Beschneidung her gedachte religiöse Traditionskritik, sowie schließlich eine Perspektive, welche nach der moralischen Verhältnismäßigkeit des Urteils fragt. [...]


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