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Leseprobe 3
Walter Groß
Gott als gewalttätiger Geschichtslenker im AT?
Eine Problemanzeige

2 Sam 11,1//1 Chr 20,1: Und es geschah um die Jahreswende, zu der Zeit, in der die Könige (in den Krieg) zu ziehen pflegen.

Ri 11,24: Nichtwahr: Wen immer dein Gott Kemos dich vertreiben läßt, den drängst du aus seinem Besitz, und jeden, den unser Gott JHWH vor uns vertrieben hat, den drängen wir aus seinem Besitz.

Israel lebte in einer von Kriegen und Gewalt geprägten Zeit. Das innergeschichtliche Heil, das Israel von seinem Gott JHWH erwartete, musste dieser in einer gewalttätigen Lebenswelt erwirken. Je mehr man JHWH die Durchsetzungskraft über die Weltmächte zugunsten Israels zuschrieb, desto mehr wuchs JHWHs Verantwortung für die internationale Gewalt. Je klarer man, schon um JHWHs Souveränität zu wahren, auch die eigene Geschichte nach dem Schuld-Strafe-Schema und daher die Katastrophen des Nordreichs 722 und des Südreichs mit Jerusalem 586 als Tat und Strafe JHWHs wegen des Verstoßes gegen seinen Anspruch auf alleinige Verehrung und wegen Bundesbruchs deutete, desto stärker wurde JHWH auch in die blutigen Katastrophen Israels verwickelt.

Insofern JHWH als innergeschichtlich handelnder Gott geglaubt wurde, mussten angesichts dieser real erlebten Geschichte und erst recht in den blutigen Rachefantasien seines zumeist die Opferrolle erleidenden Volkes die Bilder, die Israel sich von seinem Gott machte, auch gewalttätige Züge aufnehmen. Das ist das Selbstverständliche. Das Besondere und nicht Selbstverständliche sind dagegen die im AT bezeugten Hoffnungen, dass JHWH für alle, also auch für die Völker, eine friedliche Zukunft erwirken werde. Im Folgenden aber soll von den gewalttätigen Anteilen in den geschichtsbezogenen alttestamentlichen Gottesbildern, ihrem theologischen Kontext und ihren Gefahren die Rede sein. Es werden lediglich drei Textkomplexe kurz angesprochen: die kriegerische Landnahme, JHWHs blutiges Weltgericht und die ewige Rache an Amalek.

1. Israels Landnahme

Über die Ausbildung der ausführlichen Darstellung der Geschichte Israels vom Übergang über den Jordan bis zum Ende der beiden jahwistischen Staaten Dtn – 2 Kön herrscht zur Zeit, unbeschadet aller Kontroversen um die literarische Entstehung und die zeitlichen Ansätze, Übereinstimmung zumindest in der These, dass deren Struktur und theologische Leitlinien von deuteronomistischen Autoren ausgearbeitet wurden. Sie denken von der Katastrophe her. Sie versuchen, diese einerseits als gerechtfertigte Tat JHWHs – und infolgedessen als Schuld Israels und seines Führungspersonals – zu verstehen und andererseits aus ihr Hoffnung auf Neubeginn zu gewinnen. Unter der Voraussetzung, dass weder Israel noch seine JHWH-Religion autochthon sind, konstruieren sie aus etwa 700 Jahren Abstand eine Gründungsgeschichte, eine Vergangenheit, die Israels Anspruch auf »sein« Land begründet, aber auch verdeutlicht, dass Israel von Anfang an die entscheidenden Gründe für den (vorübergehenden) Verlust dieses Landes gesetzt hat. Die »Heilszeit« unter Mose und Josua endet mit der Eroberung des Landes, Reden Moses und Josuas weisen aber bereits die Gefahren auf, denen Israel sofort nach deren Tod von der Zeit der Richter an erliegt.

Mose: Dtn 7,1–4: Wenn JHWH, dein Gott, dich in das Land bringt… und viele Völker vor dir vertreibt – den Hetiter, Girgaschiter, Amoriter, Kanaanäer, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter, sieben Völker, zahlreicher und mächtiger als du – und wenn JHWH, dein Gott, sie vor dir hinbreitet und du sie schlägst, sollst du sie gänzlich der Vernichtung weihen: du sollst mit ihnen keinen Vertrag schließen und sie nicht verschonen. Du sollst dich nicht mit ihnen verschwägern. Du sollst deine Tochter nicht seinem Sohn geben und seine Tochter nicht für deinen Sohn nehmen, denn er wird deinen Sohn von mir abwenden, und sie werden anderen Göttern dienen, und dann wird der Zorn JHWHs gegen euch entbrennen, und er wird dich schnell vernichten.

Dtn 20,10.16–18: Wenn du vor eine Stadt ziehst, um gegen sie zu kämpfen, … Doch aus den Städten der folgenden Völker, die JHWH dir zum Erbbesitz gibt, sollst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen, sondern du sollst sie unbedingt der Vernichtung weihen: den Hetiter und den Amoriter, den Kanaanäer und den Perisiter, den Hiwiter und den Jebusiter, wie JHWH, dein Gott, dir befohlen hat, damit sie euch nicht lehren, entsprechend all den Greueln zu handeln, die sie ihren Göttern gegenüber begangen haben, und damit ihr nicht gegen JHWH, euren Gott, sündigt.

Josua: Jos 23,6–7.16: Haltet alles genau ein, was im Buch der Weisung des Mose steht, … nicht unter diesen Völkern aufzugehen, die bei euch übrig geblieben sind; und ihr sollt die Namen ihrer Götter nicht anrufen und nicht bei ihnen schwören und ihnen nicht dienen und euch nicht vor ihnen niederwerfen… Wenn ihr hingeht und anderen Göttern dient und euch vor ihnen niederwerft, wird JHWHs Zorn gegen euch entbrennen, und ihr werdet rasch zugrundegehen aus dem guten Land, das er euch gegeben hat.

Ri 3,5–6: Die Israeliten aber wohnten mitten unter dem Kanaanäer, dem Hetiter und dem Amoriter und dem Perisiter und dem Hiwiter und dem Jebusiter. Sie nahmen sich deren Töchter zu Frauen und ihre Töchter gaben sie deren Söhnen, und sie dienten deren Göttern.

Die theologische Reflexion, die zur Konstruktion dieser fiktiven Vergangenheit geführt hat, ist leicht zu erkennen: Warum ist unser Staat gescheitert und wir darben im Exil? Weil JHWH uns dafür bestraft hat, dass wir gegen das Hauptgebot, ihn allein zu verehren, verstoßen haben. Warum haben wir dagegen verstoßen? Weil die Vorbewohner bzw. die nichtisraelitischen Mitbewohner des Landes – hier jeweils als die meist sieben sagenhaften Urvölker benannt – uns zu ihren Kulten verführt haben. Wie hätten wir das verhindern können und sollen? Indem wir sie bei unserem Einmarsch alle ausgerottet hätten. Also war dies der Wille JHWHs gewesen, also hat JHWH uns das durch Mose und Josua befohlen. Wir aber haben schon damals nicht gehorcht, sind so abgefallen und daher jetzt von JHWH ins Exil geschickt worden.

Unter den theologischen Voraussetzungen der Deuteronomisten ist dies eine nüchtern rationale, Israels Verantwortung betonende Geschichtstheorie. Im Zentrum steht JHWHs Alleinverehrungsanspruch im Land; dieser ist für die nichtisraelitischen Vorbewohner tödlich (Missionierung als Alternative war keine denkbare Alternative), ähnlich gefährlich aber auch für Israel für den Fall des Ungehorsams. Es ist gerade keine triumphalistische Heldenerzählung von Israel, sondern die Begründung für dessen staatliches Scheitern.

Hier wird vom Ende her gedacht. Deswegen wird gar nicht erwogen, dass Israel auch einmal der Verführung durch die Fremdkulte hätte widerstehen können.

[...]


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